Doppelmoral*in

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Liebe Leserinnen und Leser, Leserinnen/Leser, Leser(innen), LeserInnen, Leser*innen oder doch einfach nur Leser? Bei den vielen, unterschiedlichen Möglichkeiten des Genderns kann man schon mal schnell den Überblick verlieren, jedoch steht hinter all diesen Formulierungen derselbe Gedanke: Ein Sprachgebrauch, welcher Männer und Frauen oder auch nicht-binäre Personen inkludiert. Genau so wie unsere Gesellschaft sich in einem ständigen Wandel befindet, so verändert sich auch unsere Sprache. Eine Gesellschaft, die versucht, geschlechtergerechter und toleranter zu werden und dies wörtlich auszudrücken, scheint zunächst niemandem schaden, sondern das Gegenteil erreichen zu wollen. Jedoch könnte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder wohl eine Bedrohung darin zu sehen, da er ein Verbot gegen das Gendern ankündigte.

In seiner Regierungserklärung am 5. Dezember 2023 sprach sich Markus Söder gegen verpflichtendes Gendern aus. Außer den Worten „Im Gegenteil, wir werden das Gendern in Schulen und Verwaltungen sogar untersagen, meine sehr verehrten Damen und Herren“ gab er jedoch keine genaueren Details bekannt. Diese müssten nämlich laut einem Sprecher noch „erarbeitet“ werden, was jedoch die Abgeordneten der CSU, der Freien Wähler und der AfD nicht zu stören schien, als sie auf Söders Ankündigung mit Applaus reagierten. Ebenso mag die absurde Widersprüchlichkeit, die in den Aussagen des Ministerpräsidenten mehrmals auftaucht, kein Problem zu sein. So bemängelt er zunächst an der Ampel-Bundesregierung, dass diese sich nicht ausreichend mit wichtigen Themen auseinandersetzt, welche die gesamte Bevölkerung betreffen. Laut Söder sind „all die Debatten“, die sich ums Gendern drehen, unwichtig. Ganz falsch liegt er hier nicht, schließlich gaben bei einer Umfrage von Infratest dimap für den WDR 62 Prozent der Befragten an, das Gendern sei ihnen weniger oder gar nicht wichtig. Man kann jedoch nicht leugnen, dass Söder die Diskussion um dieses Thema kritisiert und gleichzeitig selbst daran teilnimmt. Die bayerische Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze ging sogar so weit, Söders Verhalten als „Obsession für das Thema Gendern“ zu bezeichnen. Jedoch mal objektiv betrachtet, lässt sich sagen, dass das Thema den Ministerpräsidenten tatsächlich seit längerer Zeit beschäftigt, da es seit zwei Jahren in mehreren seiner Reden zur Sprache kommt. Am Anfang lag der Fokus aber darauf, sowohl die Pflicht zu gendern als auch feste Vorgaben dagegen zu vermeiden. Vor zwei Jahren meinte er auf Facebook: „Jede und jeder darf Sprache verwenden, wie sie und er will. (…) Bayern ist ein Freistaat und kein Belehrungsstaat.“. 2023 hieß es: „Jeder soll es persönlich halten, wie er es will!“ Erneut widerspricht Söder mit seinem Verbot seinem früheren Selbst. Dass er hier bei seiner Formulierung von der sogenannten Paarformel zum generischen Maskulinum wechselte, wird wohl kaum eine unbewusste Entscheidung gewesen sein.

Ob man meint, dass Söder mit seinem Verbot nur dem Rat für deutsche Rechtschreibung, welcher vorerst, der grammatischen Einfachheit wegen, eine Empfehlung des Genderns ablehnt, folgen möge oder dass er laut dem bayerischen Elternverband „in populistischer Art die geltende Rechtslage“ darstelle, muss jeder und jede für sich selbst entscheiden. Rein rechtlich gesehen könnten aber mit einem solchem Verbot, keine unverhältnismäßigen Strafen einhergehen. So wird wohl wie bisher weiterhin gelten, dass das Gendern bei Schülern nicht als Fehler gewertet werden darf, andererseits darf auch niemand zum Gendern gezwungen werden. Auf Kritik wie „Ein Verbot ohne Sanktionen hat allenfalls symbolischen Charakter.“ Vom Vorsitzenden des Elternverbandes, Martin Löwe, oder dass es nicht „notwendig und zielführend“ sei laut Micheal Schwägerl, Vorsitzender des Philologenverbandes, reagierte Söder defensiv. Letztlich wird aber auch der Staat die Entwicklung der Sprache nicht aufhalten können, denn wie wir außerhalb von Schulen und Verwaltungen sprechen, kann nicht vorgeschrieben werden.

Quellen:

https://www.br.de/nachrichten/bayern/soeder-und-das-gender-verbot-viel-wirbel-und-offene-fragen,TxeAevt

https://www.zeit.de/news/2023-12/05/bayern-soeder-kuendigt-gender-verbot-an

https://www.sueddeutsche.de/bayern/gendern-verbot-soeder-kritik-spaltung-schulen-1.6315242

https://www.sueddeutsche.de/bayern/gendern-bayern-verbot-soeder-schulen-kritik-lehrer-1.6316084