Archiv für den Tag 2. Februar 2022
Atacama-Wüste – der Kleiderberg wächst

Entlang der Pazifikküste Südamerikas erstreckt sich die rund 1200 Kilometer lange Atacama-Wüste. Diese ist vor allem für das dort befindliche Riesenteleskop ALMA bekannt. Doch ihr Bekanntheitsgrad wächst seit sich in der Wüste Chiles Berge von Textilmüll zu einer Umweltkatastrophe auftürmen. Von T-Shirts über Bermudas bis hin zu Winterkleidung ist hier alles aufzufinden.
Es handelt sich um gebrauchte und unverkaufte Textilien aus der ganzen Welt. In der Freihandelszone Iquique kommen jährlich etwa 60.000 Tonnen Kleidung an. Wenn das ursprüngliche Ziel, die Kleidung zur Spiegelsaison in Südamerika abzutreten, nicht glückt, landet sie in der Wüste. Dies geschieht jährlich mit etwa 40.000 Tonnen der unverkauften oder aussortierten Ware. Bei den riesigen Abfallmengen handelt es sich um ein weiteres Problem, welches der Fast-Fashion-Industrie entspringt. Chile seinerseits gilt als einer der größten Altkleiderimporteure in Lateinamerika und steht ganz am Ende der weltweiten Produktionskette.
Die Kleidung wird oftmals in China für wenig Geld produziert, in Europa und den USA konsumiert und schließlich in Südamerika, besonders in Chile entsorgt. Bis zu 20 Tonnen Textilmüll werden täglich in das einstige Naturparadies der Atacama-Wüste befördert. Finanziell und personell sind die anliegenden Gebiete unfähig, das Abladen des Mülls zu verhindern oder diesen zu beseitigen. Einmal im Jahr folgt eine sogenannte Säuberung, im Zuge derer die abgeladene Kleidung verbrannt wird, um neuen Platz zu schaffen. Die Umweltbelastung durch die entstehenden Abgase und Verbrennungsrückstände in diesem Gebiet ist enorm, die Luft verschmutzt und die Anwohner der in der Nähe liegenden besiedelten Gebiete extrem belastet. Die Textilmengen gelten als ebenso giftig wie Plastik oder Reifen, da sie durch das Färben, Bleichen und Bedrucken der Stoffe mit Schadstoffen durchseucht sind. Laut der Umweltorganisation Greenpeace werden etwa 70 umwelt- und gesundheitsschädliche Chemikalien in der Textilindustrie eingesetzt. So benötigt beispielsweise Polyester zum Abbau eine Zeitspanne von etwa 200 Jahren, wobei der Abbau von Mikroplastikartikeln eine längere Zeit beansprucht. Das Problem besteht darin, dass normale Deponien diese Art des Sondermülls nicht annehmen und die Entsorgung für die Fast-Fashion-Produzenten selbst als unrentabel gilt.
Als günstige Alternative zur professionellen, kostspieligen Entsorgung werden folglich die Zwischenlagerung und Entsorgung in der Atacama-Wüste gewählt. Die Kleidung wird offiziell nicht als Textilmüll ausgeschrieben, weshalb das Personal vor Ort mit der Entsorgung überfordert ist. Dies ist ein für Chile, welches als fortschrittliches südamerikanisches Land gilt, untypisches Problem. Um dieses zu beheben, soll die Textilentsorgung in ein Gesetz zur Müllentsorgung inkludiert werden. Des Weiteren müssen Importeure selbst die Verantwortung für das Müllproblem übernehmen. Die Chilenen bemühen sich darum, die gut erhaltene Kleidung wieder zu verwerten. Auch verwitterte Textilien werden in Unternehmen wie Ecocitex recycelt und wieder aufbereitet. Und doch bleibt es nur bei vereinzelten Initiativen im Kampf gegen die weltweite Überproduktion der Textil- beziehungsweise Fast-Fashion-Industrie, welche sich in den Jahren 2000 bis 2014 mehr als verdoppelt hat und mittlerweile für etwa 20 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs verantwortlich ist.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Atacama-W%C3%BCste
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/muellhalde-atacama-wueste-101.html